EIN MÄNNLICHER BRIEFMARK erlebte
Was Schönes, bevor er klebte.
Er war von einer Prinzessin beleckt.
Da war die Liebe in ihm erweckt.

Er wollte sie wiederküssen,
Da hat er verreisen müssen.
So liebte er sie vergebens.
Das ist die Tragik des Lebens.

Bilder: Harald Kretzschmar

Joachim Ringelnatz, bürgerlich Hans Gustav Bötticher, war in den 20er Jahren des v.Jh. eine ganz neue Stimme im vielstimmigen Chor der Dichter, einer, der seine Texte immer auch gleich selbst vortrug, und nicht in feinen Zirkeln, sondern auf der Kabarettbühne, auf den bekanntesten Berliner und Münchner Bühnchens. Er versuchte sich vergeblich in über 30 Berufen bis er als Dichter seine Berufung fand. der Mann, ein ewig Kind, Naivität genauso austeilend wie kindlichen Ernst – viele seiner Kollegen haben ihn hoch gelobt: Tucholsky, Hollaender, Hesse, Reimann, Bemmann, Thomas Mann. Ein Jahr vor seinem Tod 1934 haben ihn die Nazis von der Bühne gezerrt. Auftrittsverbot, Auschluß aus der Reichstheaterkammer. Er war einer der Ersten, die durch Armut und Krankheit in den Tod getrieben wurden.

Auswahl: Ulf Annel